Pytheas Reise zu den Bernsteininseln (etwa 330 v. Chr)

Die Geschichtsforscher scheinen sich darin einig zu sein, dass Pytheas aus Marseille in der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts eine lange und abenteuerliche Reise zu den Zinn- und Bernsteininseln im Norden Europas unternommen hat. Es wird angenommen, dass Pytheas auf seiner Reise mit Hilfe eines Schattenstabs (Gnomen) sowie eines Winkelmessgeräts namens Polos viele geographische und astronomische Messungen und Berechnungen durchgeführt hat. Mit diesen Hilfsmitteln hat er den Abstand des Himmelspols zum Horizont bestimmen können und als Folge daraus die geographische Breite eines Ortes auf der Erde. Dieser hervorragende Astronom/Geograph war seiner Zeit eindeutig voraus gewesen.

Prof. Barry Cunliffe ist davon überzeugt, dass Pytheas die Wege, über welche die begehrten und teuren Rohstoffe Zinn- und Bernstein bereits seit Jahrtausenden nach Süden gelangten, näher erkunden wollte. «Indeed, it is tempting to believe that one of his prime aims may have been to research the source of amber, as well as that of tin” (Cunliffe, Seite 139).

Zurzeit von Phyteas war die Meerenge von Gibraltar durch die Kartager bereits zwei Jahrhunderte lang gesperrt. Kein Schiff konnte ohne Erlaubnis der Karthager vom Mittelmeer in den Atlantik gelangen. Aus diesem Grund nimmt Cunliffe an, dass Pytheas den alten keltischen Strassen- und Flusswegen quer über Frankreich bis zur Flussmündung von Gironde und danach bis zur Bretagne gefolgt ist. «If the aim of Pytheas was to explore the northern coast of Atlantic Europe and its tin and amber resources, rather than spending weeks sailing around the Iberian Peninsula, he could have travelled overland via the Aude and Garonne to the estuary of the Gironde and taken a ship there” (Seite 54).

Für die meisten Historiker scheint bestätigt zu sein, dass Pytheas bei der Insel Quessant der Region Bretagne, der westlichsten Siedlung Frankreichs vorbeige-kommen ist sowie in weiteren Etappen Cornwall mit seinen vorgelagerten Inseln, die Irische See und den Nordkanal bis zu den Hebriden erreicht hat. Anhand seiner Berichte über die Tages- und Nachtlänge lässt sich rekonstruieren, dass er im Norden Schottlands und auf den Shetland-Inseln gewesen ist. Aus einigen historischen Quellen geht hervor, dass Pytheas auch Thule (gemäss Cunliffe höchstwahrscheinlich Island) besucht hat.

Pytheas könnte gemäss Cunliffe der ganzen westlichen Bernsteinküste entlang («the entire North Sea coast from the vicinity of Dunkirk to the tip of Jutland, encompassing the mouths of the Meuse, Rhine, Ems, Weser, and Elbe») gesegelt sein (Cunliffe, Seite 148). Gemäss Cunliffe galt, dass «In prehistoric times Jutish amber appears to have been the most extensively exploited” (Seite 143). Es wird vermutet, dass er via Bretagne die gleiche Strecke zurückgereist ist (Vgl. Karte).

Literatur:

Barry Cunliffe, The Extraordinary Voyage of Pytheas the Greek, 2002 Penguin Books
Ltd, Harmondsworth, Middlesex, England

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